Bedarfs- oder Verbrauchsausweis: bitte nicht unterschätzen!
Er ist nicht neu, wird aber in seiner Bedeutung immer weiter gestärkt. Darum hier mal ein kurzes Update zu Rolle und Funktion des Energieausweises und den beiden Typen: Wo sind die Unterschiede zwischzen Bedarfs- und Verbrauchsausweis? Was können Sie Kaufinteressenten sagen? Wann brauchen Immobilien-Verkäufer so einen Ausweis? Und was gibt es für gesetzliche Neuerungen?
Energieausweis-Typen
Es gibt nach wie vor beide Varianten des Energieausweises, die ein Sachverständiger ausstellt. Und beides hat eine Berechtigung, dabei sind mittlerweile zwei etwas komplizierte Namen entstanden – die sagen aber schon einiges aus. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) unterscheidet zwischen dem “Energieausweis auf Grundlage des berechneten Energiebedarfs” – das ist umgangssprachlich der Bedarfsausweis. Und es gibt den “Energieausweis auf Grundlage des erfassten Energieverbrauchs” – der wird abgekürzt in aller Regel als Verbrauchsausweis bezeichnet.
1. Der Bedarfsausweis Der Bedarfsausweis braucht stets eine umfangreiche Analyse der Immobilie. Da werden Anlagentechnik, Zustand von Gebäudehülle und Dämmung ausgewertet, aber auch Baujahr und diverse Bauunterlagen. Das Ergebnis dieser Auswertung, die berechneten Kennwerte sind also völlig unabhängig vom individuellen Heiz- und Wohnverhalten der Bewohner, sie sind eher ein theoretischer Energiekennwert. Die Exaktheit eines Bedarfsausweises steht und fällt darum mit der exakten Auswertung aller Daten – und das wird sich meist auch im Preis der Erstellung dieses Ausweises niederschlagen.
Wichtiger Hinweis: Eigentümer von Immobilien mit weniger als fünf Wohneinheiten, für die der Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt wurde und die die Anforderungen der ersten Wärmeschutz-Verordnung nicht erfüllen, brauchen den Bedarfsausweis in jedem Fall – da genügt ein Verbrauchsausweis nicht.
Ebenfalls wichtig: Wer finanzielle Mittel aus staatlichen Förderprogrammen bekommen möchte, muss ebenfalls einen Bedarfsausweis vorlegen.
2. Der Verbrauchsausweis Er legt für seine Berechnungen die reale Verbrauchsdaten aus den letzten drei Jahren zugrunde. Damit zeigt er den tatsächlich verbrauchten energetischen Aufwand der Immobilie an. Meist geschieht das durch Belege wie Heizkostenabrechnungen der letzten Jahre.
Damit zeigen sich schon erste Einschränkungen des Verbrauchsausweises: Zwei baugleiche Immobilien, die unterschiedlich geheizt werden, werden unterschiedlich bewertet. Wird zum Beispiel eine Doppelhaushälfte den gesamten Winter über auf 22°C gehalten und die zweite nur auf 18°C, so erhält die “kühle Hälfte” eine deutlich bessere Bewertung und Effizienzklasse.
Liegen keine Verbrauchswerte vor, kommt in jedem Fall nur der Bedarfsausweis in Frage.
Achtung: Vorlage des Ausweises ist Pflicht!
Bei einem Eigentümerwechsel ist die Vorlage eines Energieausweises verpflichtend! Und zwar sowohl beim Immobilienverkauf als auch bei einer Neuvermietung. Ebenso beim Verpachten oder Verleasen einer Immobilie. Der Energieausweis muss vor dem ersten Betreten der Immobilie zugänglich gemacht werden, also schon vor dem ersten Besichtigungstermin.
Ausgenommen sind denkmalgeschützte und selbst genutzte Immobilien, provisorisch errichtete Gebäude mit einer Nutzungsdauer von maximal zwei Jahren oder Wohngebäude, die für eine Nutzungsdauer von weniger als vier Monaten im Jahr bestimmt sind – etwa die klassische Ferienwohnung.
Der Ausweis sollte so früh wie möglich und ungefragt vorgelegt werden – bei Miet- wie bei Kaufinteressenten am besten schon zum Besichtigungstermin. Wer als Verkäufer oder Vermieter keinen Energieausweis vorlegen kann, muss mit einem Bußgeld bis zu 10.000.- Euro rechnen!
Das gilt sowohl für Privatverkäufer wie für Makler. Im Umkehrschluss: Miet- wie Kaufinteressenten können und sollten auf Vorlage eines Energieausweises bestehen, am besten schon bei der ersten Besichtigung. Ein „Einsichtsrecht für jedermann in Energieausweise“ gibt es allerdings nicht – das Interesse muss schon begründet sein.
Diese Regelung ist seit Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) neu - und damit sind wir schon mitten in den Neuerungen, die rund um Bedarfs- und Verbrauchsausweise seit 2020 in Kraft sind:
Neuerungen der letzten Jahre
- Grundlage aller Neuerungen sind das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Energieeinsparverordnung (EnEv).
- Die EnEV unterscheidet zwischen Energieausweisen für Wohn- und Nichtwohngebäude. Nach dessen Definition gehören zu Wohngebäuden beispielsweise auch Wohn-, Alten- und Pflegeheime – auch sie brauchen also einen Ausweis. Bei Gebäuden mit mehreren Wohnungseigentümern (WEG) trifft die Pflicht zur Ausweiserstellung den Wohnungseigentümer, der verkaufen oder vermieten möchte, allerdings sind die Kosten für den Ausweis von der Eigentümergemeinschaft zu tragen.
- Jeder Ausweis braucht eine Registriernummer, die eine stichprobenartige Kontrolle ermöglicht.
- Verpflichtend für jeden Ausweis ist die Angabe der Treibhausgasemission, die sich aus dem Primärenergieverbrauch ergibt.
- Informationen zum energetischen Zustand des Gebäudes sind in beiden Ausweis-Arten ebenfalls verpflichtend.
- Bei Klimaanlagen mit einem Verbrauch von mehr als 12 Kilowatt kommt noch die Auflistung von Inspektionsterminen dazu.
- Grundsätzlich sind Verkäufer, Verleaser oder Vermieter dazu verpflichtet, spätestens bei Eigentümer- oder Mieterwechsel einen Energieausweis vorlegen zu können, der nicht älter als zehn Jahre sein darf.
Überlegungen zum Zeitrahmen
Energieausweise sind immer zehn Jahre gültig. Vermieter oder Verkäufer erfüllen also ihre gesetzliche Pflicht, wenn der Ausweis, den sie vorlegen können, ab Ausstellungstag nicht älter als zehn Jahre ist. Wurde der Ausweis einmal erstellt, muss auch bei Änderungen am Gebäude für die nächsten zehn Jahre kein neuer Ausweis erstellt werden.
Dennoch sind solche Änderungen eine Überlegung wert: Wenn nach Baumaßnahmen mit einer Verbesserung der energetischen Qualität im Gebäude zu rechnen ist, macht es viel Sinn, über die Erstellung eines neuen Ausweises nachzudenken. Ein Gebäude, das einen geringeren Energieverbrauch nachweisen kann, lässt sich schließlich viel besser verkaufen oder vermieten.
Was kann der Energieausweis sonst noch?
Bis hierhin mag der Eindruck entstanden sein, dass es sich beim Energieausweis nur um die Erfüllung lästiger Pflichten handelt. Doch dieser Gedanke wäre falsch. Denn ein Bedarfs- oder Energieausweis hat durchaus nützliche, sinnvolle Qualitäten. Und zwar für alle Beteiligten beim Kauf oder Verkauf wie bei einer Neuvermietung von Immobilien.
Energieausweise sind sehr schematisch aufgebaut: So findet sich in aller Regel auf Seite 2 die Grafik für die „Vergleichswerte Endenergie“. Mit Hilfe dieser Kennwerte kann die energetische Beschaffenheit unterschiedlicher Gebäude verglichen werden. Dabei helfen natürlich auch die Gebäude-Effizienzklassen von A+ bis H – die dazugehörige Grafik, von Fachleuten gern „Energie-Tacho“ genannt, ist auch für Laien intuitiv bestens erfassbar.
Ausdrücklich soll noch auf die Modernisierungsempfehlungen hingewiesen werden: Seit der neuerlichen Reform sollten auf Seite 4 kurze Empfehlungen zur Modernisierung des Gebäudes folgen. Sie weisen auf möglichst kostengünstige Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz hin: Wie lassen sich baulicher Wärmeschutz und/oder Heizungsanlage optimieren? Etwa durch Wärmedämmung von Dach, Außenwänden, Kellerdecke, Spitzboden, den Austausch von Fenstern oder anderen Verglasungen, die Dämmung von Heizleitungen, durch Einbau von Thermostatventilen oder Solar- und Lüftungsanlage und/oder den Einsatz erneuerbarer Energien.
Diese Empfehlungen sind einiges wert, denn sie werden von Experten ganz individuell für die jeweilige Immobilie erstellt. Eine umfassende Energieberatung können sie natürlich nicht ersetzen, aber sie geben erste, wichtige Hinweise.
Wichtig auch: Eine Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen ist nicht vorgeschrieben.
Hinweis zu Rechtsthemen: Sämtliche Texte wurden aufwendig recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Wir können trotzdem keine Garantie für die Korrektheit, Aktualität oder Vollständigkeit der präsentieren Informationen gewähren. Bitte wenden Sie sich bei Rechts- und Steuerfragen stets an einen fachkundigen Anwalt oder Steuerberater.
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