Arbeiten in Mietwohnungen: erlaubt oder nicht?
Über die Neubewertung von „Homeoffice“ und der Arbeit von Soloselbstständigen sind in Zeiten von Corona manche Fragen des Mietrechts in unser Blickfeld gerückt, die sonst eher selten Beachtung fanden. Etwa: Welche Arten von Arbeit stören in einem Haus mit mehreren Mietparteien? Was ist Zweckentfremdung von Wohnraum? Wo beginnt die gewerbliche Arbeit? Was können, was müssen Vermieter dulden – und was eher nicht?
Wenn der Mieter beispielsweise weder die Wohnung als Geschäftsadresse angibt noch in der Wohnung Kunden empfängt oder Mitarbeiter beschäftigt, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass Vermieter die Ausübung beruflicher Arbeiten im Home-Office akzeptieren. Sicher ist es kein Fehler, den Vermieter darüber zu informieren. Doch notwendig ist das nicht. Denn – anders herum – als Vermieter haben Sie kaum eine Handhabung gegen solche Tätigkeiten. Es sei denn, Nachbarn würden in irgendeiner Form belästigt – etwa durch Lärm oder Gerüche.
Freiberufliche Arbeit in Mietwohnungen: die „Soloselbstständigen“
Um es gleich zu sagen: Bei vielen Fragen, die aus möglicherweise durch Corona verändertem Arbeitsverhalten entstehen, kommt alles darauf an, um was für eine Tätigkeit es sich handelt, wie sie aussieht und was davon nach außen hin wahrnehmbar ist. Soloselbstständigkeit beispielsweise ist in keinem deutschen Gesetz wirklich definiert – aber die Abgrenzung ist klar: Soloselbstständige handeln als Unternehmer – und zwar ganz allein, ohne weitere Mitarbeitende. Das kann eine Physio- oder Psycho-Therapeutin sein, aber auch ein Kleingewerbetreibender oder eine Handwerkerin, die ganz allein arbeitet. Üblich ist der Begriff vor allem für sogenannte Freelancer geworden, etwa in der IT- und PC-Technik, im Text-, Grafik-, Film- oder Musikbereich. Hier wird das Problem schon klar: Wenn wir von einer Mietwohnung sprechen, in der es mehrere Nachbarn gibt, stellen sich zwei Haupt-Fragen:
- Verursacht die Arbeit der Soloselbständigen, Lärm, Gerüche oder andere Effekte, die Nachbarn als Belästigung erleben könnten?
- Ist mit viel Kundenbesuch zu rechnen?
Wird auch nur eine dieser beiden Fragen mit „Ja“ beantwortet, ist die Sache in der Regel klar: Kaum ein Vermieter wird seine Einwilligung geben. Überhaupt sollten Soloselbstständige schon vor Unterzeichnung des Mietvertrags, beziehungsweise vor Aufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit das Einverständnis des Vermieters einholen.
Was sollten Vermieter wann tun?
Ein gerichtliches Urteil besagt auf der einen Seite: Wenn von der geschäftlichen Tätigkeit keine negativen Auswirkungen ausgehen, hat der Vermieter nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Einzelfall eine Erlaubnis zu erteilen. Wenn (noch) nicht abzusehen ist, wie und ob sich Nachbarn gestört fühlen könnten, kann auch eine Testphase – beispielsweise von einem halben Jahr – vereinbart werden. Tauchen in dieser Zeit keine Beschwerden auf, kann eine Klausel zur Berufsausübung in der Mietwohnung in den Mietvertrag aufgenommen werden.
Auf der anderen Seite: Wenn Belästigung entsteht, muss sie vom Vermieter nicht geduldet werden. Es besteht dann die Möglichkeit, als Mieter abgemahnt zu werden und auch eine Kündigung kann ohne weiteres ausgesprochen werden.
Außerdem kann der Vermieter seine Erlaubnis von einer Mieterhöhung abhängig machen, da Gewerbemieten grundsätzlich höher ausfallen als Wohnraummieten. Doch Achtung: Nicht jeder selbstständig arbeitende Mensch darf als Gewerbetreibender definiert werden!
Stichwort „Gewerbetreibende“
Dahinter steckt ein weit verbreitetes Missverständnis: Nicht jeder, der selbstständig ist, ist auch gewerbesteuerpflichtig – und das ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt von „Gewerbe“ sprechen zu können. Wann es sich um einen freiberuflichen und wann um einen gewerblichen Status handelt, macht beispielsweise diese Übersicht deutlich.
Warum das Thema zu Corona-Zeiten besonders aktuell ist
Es gibt viele freiberuflich arbeitende Menschen, die ihr Arbeitsverhalten während der Zeit von coronabedingten Einschränkungen grundlegend ändern mussten – und müssen: Alle, die früher als Freiberufler in Büros, Kanzleien, Laboren, Studios etc. arbeiten konnten, und das seit Corona nicht mehr können. Oder Menschen, die früher Co-Working-Spaces und ähnliches genutzt haben, die mittlerweile geschlossen sind. Da bleibt für viele Menschen nur die Möglichkeit, die Arbeit ins Homeoffice zu verlegen. „Homeoffice“ kann also sowohl für angestellte wie für freiberuflich arbeitende Menschen in Zeiten von Corona eine bislang nicht praktizierte Arbeitsform bedeuten. Was zieht das für Konsequenzen nach sich?Punkt 1: Entfremdung von Mietraum
Das Zweckentfremdungsrecht ist schon seit Jahren Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten – es war noch nie sonderlich eindeutig. Was sicher auch daran liegt, dass unsere gesamte Arbeitswelt einem ständigen Wandel unterlieg. Mit den Neuanforderungen der Arbeitswelt in Zeiten von Corona steigern sich die Unklarheiten und Fragen noch weiter. Die wichtigsten Fragen sind:
- Was gilt in meiner Gemeinde – gibt es eine Zweckentfremdungsverordnung oder nicht?
- In welchen Fällen liegt eine Zweckentfremdung von Wohnraum überhaupt vor- wie lässt sich das definieren?
Grundsätzlich gilt: In Regionen und Gebieten mit unzureichender Wohnraumversorgung soll die Zweckentfremdungsverordnung den Bestand von Wohnraum schützen, darum ist es Ländersache. Doch nicht alle Bundesländer haben eine solche Verordnung erlassen. Wo es sie gibt, dürfen die zu Wohnzwecken geeigneten und bestimmten Räume ohne behördliche Genehmigung keiner anderen Nutzung als dem Wohnen zugeführt werden. Wird die Verordnung nicht beachtet, kann die jeweils regional zuständige Behörde (nach erfolgter Anzeige) dem Vermieter ein Bußgeld auferlegen. Meist führt das Bußgeldverfahren auch gleich dazu, dass die Zweckentfremdung aufgehoben, also dem Mieter gekündigt wird.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage: Wann genau liegt eine Zweckentfremdung von Wohnraum überhaupt vor?
Punkt 2: Wann genau müssen wir von Zweckentfremdung sprechen?
Bei Mietern, die „normalerweise“ angestellt in anderen Räumen arbeiten, ist die coronabedingte Tätigkeit im Homeoffice ganz sicher keine Zweckentfremdung von Mietraum. So weit, so klar.
Bei nicht angestellten Menschen sollten verschiedene Punkte und Interessen in den Blick genommen werden, Vermieter müssen da häufig Abwägungen treffen. Dazu gehören Aspekte wie:
Alle oben angesprochenen Punkte, in denen es darum geht, ob sich andere Mietparteien durch Publikumsverkehr, Lärm, Gerüche etc. belästigt fühlen.
Auch die Tatsache, dass bauliche Veränderungen an der Mietwohnung vorgenommen werden, um sie beruflich nutzen zu können, wird häufig als Zweckentfremdung gewertet. Die Sichtbarkeit nach außen: Firmen- und/oder Praxisschilder in einem Gebäude, das ansonsten nur aus Mietwohnungen besteht?
Und schließlich die Frage: Handelt es sich um Gewerbe – oder nicht? In der Regel betrifft das sogenannte Freelancer eher nicht, bei allen anderen Berufssparten sollten sich Vermieter schlau machen: Gewerbemieten können nur für „echtes Gewerbe“ erhoben werden. Bei jeder anderen Berufsausübung ist es Abwägungssache, ob Vermieter das – auch im Interesse anderer Mieter – zulassen wollen.
In Kommunen, in denen eine Zweckentfremdungsverordnung erlassen wurde, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Wohnraum knapp ist. Den gilt es zu schützen. Anders sieht die Sache in dünner besiedelten Gebieten oder nach längerem Leerstand aus.
Hinweis zu Rechtsthemen: Sämtliche Texte wurden aufwendig recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Wir können trotzdem keine Garantie für die Korrektheit, Aktualität oder Vollständigkeit der präsentieren Informationen gewähren. Bitte wenden Sie sich bei Rechts- und Steuerfragen stets an einen fachkundigen Anwalt oder Steuerberater.
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