Hilfe, ich lasse mich scheiden! Was geschieht jetzt mit der Immobilie?
Eine Scheidung ist schon schlimm genug – wer aber als Ehepaar auch noch eine gemeinsame Immobilie hat, muss erst einmal einige Fragen klären: Leben wir in einer Zugewinngemeinschaft? Wie können wir das Haus „aufteilen“ – ohne es unbedingt gleich verkaufen zu müssen? Wer darf in der Immobilie wohnen bleiben – und was müsste er tun, wenn er das will?
Die Sache mit der Zugewinngemeinschaft
ist rasch geklärt: Wenn zwei Menschen verheiratet sind, aber keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, leben sie in einer Zugewinngemeinschaft. Damit ist geregelt, dass alles, was während der Ehe erworben wurde, nach der Scheidung gleichmäßig durch zwei geteilt und unter den ehemaligen Partnern aufgeteilt wird. Das bedeutet: Alles, was jeder Ehepartner während der Dauer der Ehe hinzugewonnen hat, wird miteinander verglichen. Hat ein Ehepartner mehr als der andere hinzugewonnen, muss er diesen Überschuss mit dem anderen teilen.
Zugewinnausgleich und künftige Unterhaltszahlungen
Der oben beschriebene Abgleich nennt sich dann Zugewinnausgleich. Allerdings: Der Zugewinnausgleich ist schlicht als Geldzahlungsanspruch zu verstehen. Das bedeutet: Besitzen die zwei Ex-Partner gemeinsam eine Immobilie, wird es schwierig. Denn: Wo soll das Geld herkommen, wenn die Immobilie nicht verkauft werden soll? Genau das kommt bei Scheidungen häufig vor: Einer von beiden möchte die Immobilie unter allen Umständen halten. Wohnungen und Häuser einfach zu „unterteilen“ – das für dich und das für mich – funktioniert meistens gar nicht. Natürlich wäre der einfachste Weg, das Haus jetzt zu verkaufen. Erhebt allerdings einer der beiden Partner dagegen Einspruch, geht das nicht. Und das gilt selbst dann, wenn ursprünglich nur einer der Partner die Immobilie gekauft hat.
Jede finanzielle Einigung an dieser Stelle hat natürlich immer auch Auswirkungen auf künftige Unterhaltszahlungen. Darum ist unser Rat: Beide Seiten sollten sich erst einmal unabhängig voneinander über die bestmöglichen Optionen beraten lassen, sie danach möglichst zusammen abgleichen – oder dafür einen Mediator engagieren, der möglicherweise einen Kompromiss im Interesse beider Parteien finden kann.Wenn Kredite noch nicht abbezahlt sind, bietet das zusätzlichen Sprengstoff, denn: „Wegen Scheidung“ aus einem Kreditvertrag auszusteigen, geht auch nicht. Das ist für Geldgeber kein Kündigungsgrund. Banken geht es meistens vor allem um die Frage: Wer übernimmt die gesamtschuldnerische Verantwortung? Einer der beiden Ex-Vertragspartner müsste explizit aus dem Vertrag „entlassen“ werden. Und oft steht damit dann erneut die Frage nach dem Wert der Immobilie im Raum: Was ist mit dem Faktor der Wertsteigerung? Und womit werden möglicherweise selbst erbrachte Leistungen anerkannt? Oft ist eine Einigung da schwierig, denn neben den beiden Ex-Partnern – die oft ohnehin schon im Streit miteinander liegen – spielen hier auch noch die Interessen der Bank eine wichtige Rolle, Kreditkonditionen müssen angepasst werden, der Grundbucheintrag muss eventuell von zwei auf einen Eigentümer geändert werden – all das ist nicht kostenlos.
Auf der anderen Seite: Wird der Kredit nicht weiter abbezahlt, wird die Bank vermutlich genau das tun, was auch die Ex-Ehepartner gleich selbst tun könnten: eine Zwangsversteigerung anberaumen. Meist handelt es sich dabei dann um eine Teilungsversteigerung, also: die Zwangsversteigerung eines ausdrücklich „nicht teilbaren Gegenstands“. Das bedeutet in der Regel aber meist erhebliche Wertverluste – sollte also nur dann geschehen, wenn die Fronten zwischen den zwei Scheidungswilligen derart verhärtet sind, dass gar nichts anderes mehr geht. Denn es gibt durchaus Alternativen, um mit einer Immobilie sauber aus dem Scheidungsverfahren rauszukommen, obwohl man in einer Zugewinngemeinschaft gelebt hat.
Unser Tipp: Da es bei fast all diesen Alternativen nicht zuletzt auch um den Wert der Immobilie geht, könnte es eine gute Idee sein, sich vor welcher Handlung auch immer erst einmal ein Wertgutachten erstellen zu lassen. Damit – neben allem anderen Konfliktpotenzial – nicht auch noch der Wert der Immobilie zum ständigen Streitfall wird.
Möglichkeit 1.: Immobilie vermieten
Bedeutet in aller Regel natürlich: Beide müssen ausziehen – aber das kann durchaus als gerechter empfunden werden, als wenn nur einer dort wohnen bleiben „darf“. Die Mieteinnahmen werden dann einfach durch zwei geteilt.
Doch Achtung: Anders als bei weiterhin selbst genutzten Immobilien fallen hierbei in aller Regel Einkommenssteuern an!
Möglichkeit 2.: Einer bleibt wohnen, der andere zieht aus
Ein Partner bleibt in der Immobilie wohnen und zahlt den anderen aus. Das nennt sich dann Eigentumsübertragung und geht in aller Regel folgendermaßen vonstatten: Die Ex-Partner lassen gemeinsam von einem Notar beurkunden, dass das Miteigentum der Immobilie an den anderen Partner übergeht. Danach muss derjenige, der die Immobilie von da an allein bewohnt, dem anderen den vereinbarten Preis auszahlen und wird als alleiniger Besitzer im Grundbuch eingetragen. Ob und wie das möglich ist, wird unter anderem auch von Laufzeit und Höhe des vielleicht noch verbliebenen Kredits abhängen.
Tipp: Es ist sinnvoll, so eine Überschreibung der Immobilie schon vor oder noch während der Scheidung zu vollziehen, denn dann fällt die Grunderwerbsteuer nicht erneut an. Hier besagt eine Regelung: Ehepartner sind bei einer Grundschuldübertragung vom Zahlen der Grunderwerbsteuer ausgenommen.
Möglichkeit 3.: Immobilie verkaufen - wenn beide damit einverstanden sind
Nach dem Verkauf der Immobilie wird der Kaufpreis in dem Verhältnis aufgeteilt, wie sie Miteigentümer sind. Sofern beide Eheleute im Grundbuch je zur Hälfte als Eigentümer eingetragen waren, wird der Kaufpreis halbiert. Sofern noch Verbindlichkeiten auf dem Grundbesitz liegen, müssen die vom Verkaufspreis zunächst abgezogen werden, der Restbetrag wird zwischen den Eheleuten geteilt. Denn bei dieser Lösung wird ausdrücklich nicht darauf geachtet, wer im Lauf der Zeit wieviel eingezahlt hat. Deshalb ist genau diese scheinbar simple Lösung oft purer Sprengstoff: Wenn einer mehr bezahlt hat als der andere, wird er diese Lösung wohl ablehnen.
Möglichkeit 4.: Immobilie Kindern als Schenkung überlassen
Die Immobilie dem Sohn oder der Tochter schenken, ist durchaus auch eine Option. Vor allem, wenn die beiden Ex-Partner ohnehin früher oder später vorhatten, den Kindern die Immobilie als Schenkung zu überlassen. Macht natürlich erst ab einem gewissen Alter der Kinder Sinn … Und geht nur dann, wenn das ehemalige Ehepaar sich das auch leisten kann. Denn beide müssen sich ja dann neue Wohnmöglichkeiten suchen.
Möglichkeit 5.: Abwarten, bis die Scheidung rechtskräftig ist
Sofern die Ehe geschieden worden ist, kann für gemeinsame Immobilien jeder Ehepartner von dem anderen Ehepartner die Zustimmung zum Verkauf der Immobilie verlangen. Sollte diese Zustimmung verweigert werden, kann jeder Ehegatte die Teilungsversteigerung des Grundbesitzes beim Amtsgericht beantragen.
Falls nichts von alledem möglich ist, entscheidet im Ernstfall das Gericht. Was natürlich fast immer mit noch höheren Kosten verbunden ist als jede gütliche Einigung.
Tipp: Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung
Wer nicht in einer Zugewinngemeinschaft mit dem baldigen Ex-Partner gelebt hat, hat oft eine Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung oder eine Vereinbarung über Gütertrennung abgeschlossen.
Mit der Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung können Eheleute alle Scheidungsfolgen regeln. Somit auch die wichtige Frage, was mit dem Haus passiert. Eine einvernehmliche Regelung der Scheidungsfolgen ist für die Eheleute in vielerlei Hinsicht von Vorteil. Interessant ist: Solche Vereinbarungen können auch noch während des Scheidungsprozesses geschlossen werden.
Darum ist unser Tipp: Lassen Sie sich doch anwaltlich über die Möglichkeiten einer Trennungs- oder Scheidungsfolgenvereinbarung beraten! Damit lässt sich vielleicht auch die Frage klären, was mit Ihrer Immobilie geschehen soll.
Hinweis zu Rechtsthemen: Sämtliche Texte wurden aufwendig recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Wir können trotzdem keine Garantie für die Korrektheit, Aktualität oder Vollständigkeit der präsentieren Informationen gewähren. Bitte wenden Sie sich bei Rechts- und Steuerfragen stets an einen fachkundigen Anwalt oder Steuerberater.
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