Das neue Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
Im Dezember 2020 ist das neue Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) in Kraft getreten – das alte stammte aus dem Jahr 1951. Jetzt werden viele Bereiche des Wohnungseigentumsrechts neu geregelt.
Im Dezember 2020 ist das neue Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) in Kraft getreten – das alte stammte aus dem Jahr 1951. Jetzt werden viele Bereiche des Wohnungseigentumsrechts neu geregelt. Kurze sprachliche Anmerkung: WEG steht in diesem Zusammenhang immer für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Was sind also die Kernpunkte der WEG-Reform?
1. Stärkung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer soll in Zukunft eine stärkere Rolle als bisher haben: Sie gilt nicht mehr als Ausführende zur Umsetzung von Verwaltungsmaßnahmen, sondern kann aktiver als bisher die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums selbst wahrnehmen. In der juristischen Sprache gilt sie als „Willensbildungsorgan“, während die WEG-Verwaltung eher das „Ausführungsorgan“ gesehen wird. Grundsätzlich haben Wohnungseigentümern jetzt die Möglichkeit, alle Maßnahmen selbst zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung der Verwaltung legen wollen. Sie können künftig auch selbst eine Eigentümerversammlung einberufen – etwa, wenn die Einberufung durch den Verwalter oder den Beiratsvorsitzenden nicht möglich ist. Jeder Wohnungseigentümer hat außerdem ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Einsicht in alle Verwaltungsunterlagen.
2. Rechte und Pflichten der Verwaltung
Auf der anderen Seite: Die Hausgemeinschaft wird nach außen hin durch die WEG-Verwaltung repräsentiert. Darum wurden deren Entscheidungs- und Vertretungsbefugnisse grundsätzlich erweitert – es sei denn, die Gemeinschaft beschließt das anders. Geschieht das nicht, hat die WEG-Verwaltung bei der Vergabe von Handwerks-, Bau- und anderen Aufträgen freie Hand. Die Verwaltung kann in eigener Verantwortung über Maßnahmen entscheiden, die nicht zu „erheblichen Verpflichtungen“ der Eigentümer führen. Lässt die Eigentümergemeinschaft das zu, können Verwaltungen von jetzt an kleinere Reparaturarbeiten, Versorgungs- und Dienstleistungsverträge in beschränktem Umfang oder etwa eine gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen ohne Rückfragen in Auftrag geben. Was allerdings immer ausgeschlossen ist: Grundstückskäufe oder Darlehensverträge brauchen stets die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.
Verwaltungen sind verpflichtet, nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen. Der muss eine Auflistung der sogenannten Instandhaltungsrückstellung und eine Aufstellung des Gemeinschaftsvermögens enthalten. Die bisherige Instandhaltungsrücklage heißt jetzt “Erhaltungsrücklage”, um klar zu machen, dass es sich um verfügbares Vermögen handelt – was ja nun wieder für potenzielle Kaufinteressenten von Immobilien dieser Gemeinschaft nicht unwichtig ist. Dazu gehört auch: Wichtige Beschluss- und Gesetzesänderungen der WEG müssen ins Grundbuch eingetragen werden. Das soll dem Erwerberschutz dienen.
3. Problem: Baumaßnahmen
Beschlussfassungen über die Durchführung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind künftig mit einfacher Mehrheit möglich. Wichtig: Dabei haben immer diejenigen Eigentümer die Kosten zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben! Damit dabei niemand übervorteilt wird, gilt Folgendes: Wenn die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen wurde, müssen ALLE Wohnungseigentümer die anfallenden Kosten entsprechend ihres Miteigentumsanteils unter sich aufteilen. Es gibt auch noch eine eigene Bestimmung über mögliche „Unverhältnismäßigkeit“ baulicher Veränderungen. Allerdings: Wohnungseigentümer, die keinen Nutzen aus der Baumaßnahme ziehen, können verlangen, dass ihnen ein „angemessener Ausgleich“ erstattet wird.
Die Sache mit den baulichen Maßnahmen ist der Punkt des neuen Gesetzes, der wohl am heftigsten diskutiert wird. Darum noch einmal kurz zusammengefasst: Stimmen mehr als zwei Drittel und die Hälfte aller Miteigentumsanteile einer geplanten Baumaßnahme zu, müssen alle Wohnungseigentümer die Umbauten gemäß ihrer Anteile zahlen. Das dürfte in der Praxis zu einigen Problemen führen. Denn es ist recht drastisch geregelt: Trägt ein Eigentümer bestimmte Kosten nicht, ist die Eigentümergemeinschaft berechtigt, die „Entziehung seines Wohneigentums“ in die Wege leiten. Gibt es für die Maßnahme dagegen nur einen einfachen Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung, müssen auch nur diejenigen zahlen, die dafür gestimmt haben.
4. Sachkundige(re) Verwaltung
Was die Verwaltung angeht: Wohnungseigentümer haben nun das Recht, die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu verlangen. Wie das nachgewiesen werden kann, war lange strittig bei der Ausformulierung des neuen Gesetzes. Wichtigstes Stichwort ist hier der sogenannte Sachkundenachweis. Den dürfen Eigentümer jetzt verlangen: jeder einzelne Eigentümer kann darauf bestehen, einen Hausverwalter einzusetzen, der zertifiziert ist und damit die notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse hat. In der Regel wird die Befähigung einer sachkundigen Verwaltung vor einer Industrie- und Handelskammer durch Prüfung nachgewiesen. Die genaue Ausgestaltung der Zertifizierung regelt das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz in einer eigenen Verordnung. Der Anspruch auf eine Bestellung solcherart zertifizierten Verwaltungen besteht allerdings erst ab Dezember 2022, damit das neue Zertifizierungsverfahren entwickelt und eingeführt werden kann. Ausnahme: WEG-Gemeinschaften mit weniger als neun Eigentümern haben diesen Anspruch nicht – es sei denn, bei einer eigenen Abstimmung verlangt mindestens ein Drittel aller Abstimmungsberechtigten einen zertifizierten Verwalter. Nach wie vor gilt: Mitarbeitende einer WEG-Verwaltung müssen sich regelmäßig weiterbilden.
5. Im Verwaltungsbeirat aktiv werden? Jetzt vielleicht attraktiver
Die Kontrolle der Hausverwaltung soll künftig der Verwaltungsbeirat der jeweiligen Eigentümergemeinschaft übernehmen. Er bekommt per Gesetz eine Überwachungsfunktion, die Anzahl der Beirats-Mitglieder ist unbeschränkt. Außerdem hat der Verwaltungsbeirat künftig jederzeit das Recht zur Kündigung des Verwalters. Kurz: Die Befugnisse des Verwaltungsbeirats wurden erweitert.
Damit es einfacher und attraktiver wird, sich dem Verwaltungsbeirat der eigenen Gemeinschaft ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen, wird die Haftungsfrage auf „Vorsatz“ und „grobe Fahrlässigkeit“ begrenzt.
6. Weitere Änderungen
Die Zuständigkeiten einer WEG-Gemeinschaft werden mit dem neuen Gesetz erweitert. Das ergibt sich schon aus dessen vollständigem Namen: „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften“. Der Name sagt es schon: Ab jetzt hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, auf eigene Kosten eine Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge, barrierefreie Zugänge und/oder Indoor-Maßnahmen, Einbruchsschutzvorrichtungen und schneller(e) Internetanschlüsse – etwa Glasfaser - in Auftrag zu geben. Hier überall gilt: Nur diejenigen, die diese bauliche Veränderung zahlen, dürfen sie im Anschluss nutzen. Mehrheiten der ganzen WEG-Gemeinschaft sind da nicht notwendig.
Früher durften Eigentümer eine Versammlung nur über die Schriftform fordern, jetzt geht das auch per Mail. Die Einberufungsfrist für Eigentümerversammlungen wird von zwei auf drei Wochen verlängert. Die sollten nach wie vor Präsenzveranstaltungen sein, online-Zuschaltungen von Eigentümern können jedoch bei entsprechenden Beschlüssen zugelassen werden. Und: Die Versammlung ist immer beschlussfähig – ganz gleich, wie viele Eigentümer anwesend sind. Auch neu: sogenannte Umlaufbeschlüsse – Dinge, die normalerweise nicht bei der Versammlung selbst beschlossen, sondern per Brief an alle Eigentümer verschickt wurden, sind jetzt ebenfalls per Mail möglich.
Wichtig für alle, die innerhalb einer WEG-Gemeinschaft Immobilien vermieten: Mit dem neuen Gesetz gilt die Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen, statt dass wie bisher die Wohnfläche als Berechnungsgrundlage der Miete dient. Außerdem können Mieter nun bauliche Änderungen der Mietsache verlangen, wenn die der Barrierereduzierung, größerer E-Mobilität oder dem Einbruchschutz dienen.
Hinweis zu Rechtsthemen: Sämtliche Texte wurden aufwendig recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Wir können trotzdem keine Garantie für die Korrektheit, Aktualität oder Vollständigkeit der präsentieren Informationen gewähren. Bitte wenden Sie sich bei Rechts- und Steuerfragen stets an einen fachkundigen Anwalt oder Steuerberater.
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