Die Wohngemeinnützigkeit soll wieder eingeführt werden
Die Bundesregierung hat am 5. Juni 2024 beschlossen, dem Bundestag einen Gesetzesentwurf über die Wiedereinführung der sogenannten Wohngemeinnützigkeit vorzulegen. Findet das Gesetz Zustimmung, könnte es Auswirkungen auf den Mietwohnungsmarkt haben.
Was bedeutet Wohngemeinnützigkeit?
Der Begriff Wohngemeinnützigkeit geht auf ein Gesetz in der Kaiserzeit zurück. In verschiedenen Formen gab es bis 1990 entsprechende Regeln. Der wesentliche Punkt der Wohngemeinnützigkeit: Vermieter profitieren durch steuerliche Vergünstigungen davon, dass sie die Mieten unter einem bestimmten Satz halten. Durch diese indirekte Förderung soll der Wohnraum auch für Mieter mit niedrigen Einkommen bezahlbar bleiben. Üblich ist eine Obergrenze des Mietzinses in Höhe der Kostenmiete. Das ist der Betrag, der sich für Vermieter inklusive der tatsächlichen Finanzierungskosten als kostendeckend ergibt.
Die Kohl-Regierung hatte die Wohngemeinnützigkeit 1990 abgeschafft, da es in den 1980er-Jahren zu vielen Missbrauchsfällen kam. Besonders bekannt ist der Skandal um die Neue Heimat.
Niedrige Miete gegen Steuervorteile
Die genaue Ausgestaltung des Vorhabens der Regierung ist noch offen, da durch den Bundestag und den Bundesrat noch Änderungen möglich sind. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass es Steuervergünstigungen für Vermieter unter anderem beim Bau oder Kauf geben soll. Auch andere Vorteile sind vorgesehen. Das kann zum Beispiel die Grundsteuer oder die Grunderwerbssteuer betreffen. Anders als üblich soll aber nicht die Kostenmiete als Vergleichswert herangezogen werden. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die betreffende Miethöhe lediglich unter der marktüblichen Miete liegen muss.
Mieter profitieren nur bei niedrigem Einkommen
Allerdings gilt das nur für Mieter, die ein niedriges Einkommen haben. Nach Aussage von Bundesbauministerin Klara Geywitz sollen jedoch rund 60 Prozent aller Mieter von dem Gesetz profitieren. Denn die Einkommensgrenze ist entsprechend hoch angesetzt. Sie beläuft sich auf das Fünffache des Sozialhilfesatzes bzw. auf das Sechsfache bei Alleinerziehenden.
Ein Wermutstropfen: Anfangs rechnet die Bundesregierung wohl nur mit etwas mehr als 100.000 Personen, die direkt von den neuen Regeln zur Wohngemeinnützigkeit profitieren können. Das liegt auch daran, dass der Adressatenkreis bei den Vermietern eingeschränkt ist. So gelten die steuerlichen Vorteile voraussichtlich nur für gemeinnützige oder soziale Wohnungsbaugesellschaften, Stiftungen und Vereine.
Vorstoß für mehr bezahlbaren Wohnraum oder staatliche Preisregulierung?
Die Wohngemeinnützigkeit stößt nicht überall auf Gegenliebe. Die Opposition und Teile der Bauindustrie kritisieren nach verschiedenen Medienberichten zum einen das Missbrauchspotenzial durch die Steuervorteile. Zum anderen bemängeln sie die nicht ausreichende Bauförderung und vereinzelt auch staatliche Eingriffe in die Mietpreisgestaltung. Demnach benötigen die Unternehmen mehr Anreize, überhaupt zu bauen, bevor über eine Regulierung der Mieten nachgedacht werden solle. Immerhin fehlten über 800.000 Wohnungen, wie die Immobilienweise im Frühjahr errechnet hatten. Selbst der Mieterbund kritisiert das Vorhaben laut Funke Medien-Gruppe. Denn Investitionsanreize fehlen nach Meinung der Experten, weshalb durch das Gesetz kaum neuer Wohnraum geschaffen werde.
Für Ministerin Geywitz ist die Wohngemeinnützigkeit dennoch ein wichtiger Schritt und eine Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum. Zugleich setzt sie damit einen Punkt aus dem Koalitionsvertrag um. Ob das Gesetz allerdings dazu beiträgt, mehr Wohnungen zu bauen, bleibt abzuwarten.
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