Wohnraumentwicklung in deutschen Städten: A-Lage oder B-Lage?
Immobilienexperten teilen deutsche Städte gern in A- und B-Lagen ein. Dabei geht es oft um Bedeutung, Größe und Liquidität des Immobilienmarkts in der jeweiligen Stadt. Ganz unumstritten ist die Einteilung nicht, aber sie kann dabei helfen, Marktentwicklungen besser zu beurteilen – darum wird sie weiterhin eingesetzt, auch wenn die Kriterien nicht allzu klar sind. Wir wollen hier trotzdem mit Hilfe dieser Unterteilung mal einen Blick auf die Wohnraumentwicklung werfen: Wie viele Bauvorhaben wurden in den letzten fünf Jahren genehmigt – oder sogar umgesetzt? Wie dringend sind Neubauten, etwa angesichts der Entwicklung von aktuellen Einwohnerzahlen?
Was ist eine A-Lage, was eine B-Lage?
Die Lage ist entscheidend. Oft wird die „A-Lage“ mit „Metropole“ gleichgesetzt, dann geht es um Größe und Einwohnerzahl dieser Städte, also eher um nationale Kriterien. Es können aber auch internationale(re) Kriterien verwendet werden, dann spielen große Messen, wichtige Industrieansiedlungen oder die besonders gute Verkehrsanbindung ebenfalls eine Rolle – Dinge, die auch für eine internationale Klientel von Interesse sind.
Summiert man diese beiden Aspekte, gelten die sieben größten Städte Deutschlands unbestritten als Standorte mit A-Lage: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.
Immobilienexperten wie Investoren stellen allerdings oftmals fest, dass Städte in einer „B-Lage“ interessant sein können: Das Preisniveau für Immobilien ist dort stabiler, Lage und Infrastruktur haben Potenzial – was vor allem bei der Vermietung positive Auswirkungen hat. Investoren wissen es außerdem zu schätzen, dass der Anteil professioneller Projektentwickler dort (noch) nicht so hoch ist – und damit auch die Preise nicht. Das gilt beispielsweise für Hannover, Münster, Bonn, Nürnberg, Augsburg, Dresden und Leipzig, aber auch für größere Städte einiger Regionalverbände wie Essen, Dortmund, Mannheim oder Heidelberg. Alle hier genannten Städte haben weniger Einwohner als die „Top 7“ der A-Lage. Doch im Umkehrschluss bedeutet das auch:
Städte in A-Lage brauchen eine effektive Wohnraumentwicklung
Immobilien in Städten in A-Lagen gelten als relativ sichere Investition, denn aufgrund der hohen Nachfrage besteht in solchen Städten ein sehr geringes Leerstandsrisiko. Und: Der Bedarf an Wohnraum ist in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart hoch - das steht zweifelsfrei fest. Doch was ist mit der Annahme „wenig Risiko, sichere Investition“? Funktioniert das auch bei geplanten, dringend notwendigen Neubauten? Welche Rolle spielen Baugenehmigungen, was ist mit dem Bauprozess an sich – und vor allem mit dessen Dauer? Da liegt die Frage nahe:
Wie hat sich die Wohnraumsituation in den letzten Jahren entwickelt?
Etwa in Frankfurt am Main konnten 29 neuen Wohnungen bezogen auf 1.000 Einwohner fertiggestellt werden. In München sah es besser aus: Da konnten 37 Wohnungen, hochgerechnet auf je 1.000 Einwohner, fertiggestellt werden. Hamburg bildet da mit 25,7 Wohnungen das Schlusslicht. Wichtig aber auch: je 1.000 Einwohner gab es in Hamburg immerhin 30 neue Wohnbaugenehmigungen. Bei 1,84 Millionen Einwohnern bedeutet das für Hamburg: Für 55.200 neue Wohnungen lag in den letzten fünf Jahren eine Baugenehmigung vor, 47.288 Wohnungen wurden aber tatsächlich gebaut – es wurden also fast 8.000 Wohnungen noch gar nicht gebaut, obwohl sie genehmigt sind. Und bei dieser Berechnung kamen die Konsequenzen aus dem Ukraine-Krieg noch gar nicht zum Tragen – das dürfte die Zahlen für die nächsten fünf Jahren beträchtlich zum Schlechten hin verändern. Dazu passt auch die Meldung des Statistischen Bundesamts von 2022: Die Zahl neu errichteter Wohnungen sei im Jahr 2021 um 4,2 Prozent gesunken, auch die Zahl an Baugenehmigungen im Neubaubereich für Wohnungen und Einfamilienhäuser sei schon 2021 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.
Tatsache ist: 400.000 neue Wohnungen müssten in Deutschland pro Jahr geschaffen werden, um den Wohnraumbedarf zu decken. Das stellt sich von Bundesland zu Bundesland allerdings sehr unterschiedlich dar: In Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg und Hessen ist die Bevölkerungszunahme weit höher als der Wohnraumbestand, in Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein nur ein wenig höher und in Mecklenburg-Vorpommern, im Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt wie Thüringen drehen sich die Verhältnisse um: mehr Wohnraum, weniger Einwohner.
B-Lage vor A-Lage?
Gut möglich, dass diese Entwicklung die Wohnraumsituation in sogenannten A-Lagen nur immer weiter verschärfen wird: Wo die Nachfrage nach Wohnraum immer drängender wird, steigen natürlich auch die Preise. Darum lässt sich jetzt schon beobachten, dass Investoren ihren Blick stärker auf B-Städte richten beginnen, denn die bieten oft bessere Entwicklungsperspektiven. Und: Es ist ja keineswegs ausgeschlossen, dass sie eines Tages auch in die Kategorie der A-Standorte aufsteigen könnten. So betrachtet, muss aber wohl der Begriff B-Lage neu definiert werden – denn dann gehören nicht nur die oben genannten Städte in „B-Lage“ dazu, sondern vor allem auch das, was der Volksmund schon lang als „Speckgürtel“ kennt – also alle Dörfer, Kreise und Kreisstädte im Umfeld von Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.
Ganz so einfach ist es dann aber leider auch wieder nicht – denn allein die Entfernung zu einer Stadt in A-Lage bietet noch keine Sicherheit. Dazu hängt viel zu viel von der Frequenz der Genehmigungs- und Umsetzungsverfahren ab. So hat beispielsweise Duisburg – gerade noch in erreichbarer Nähe zu Köln und Düsseldorf – unter allen untersuchten Städten die schlechteste Bilanz in puncto Häufigkeit von Wohnbaugenehmigung und Durchführung genehmigter Neubauprojekte.
Nicht zuletzt ist Lage mehr als nur eine Einstufung in A bis C oder D. Denn weitere Aspekte fließen in die Beurteilung ein. Dazu zählen unter anderem Wirtschaftsdaten, soziokulturelle Daten und Infrastruktur. Dabei wird nach Makrolage (weiteres Umfeld) und Mikrolage (genauer Standort) unterschieden.
Fazit
Wohnraum in sogenannten A-Lagen wird in den meisten Bundesländern aufgrund der Bevölkerungsentwicklung dringender denn je gebraucht. Aber Neubauten sind in aller Regel dort teurer und dauern länger als in sogenannten B-Lagen. Gleichwohl bietet die A-Lage Investoren mehr Sicherheit – der Preis dafür ist allerdings oft, dass sie genügend Geduld für die Umsetzung der Neubauprojekte mitbringen müssen.
Hinweis zu Rechtsthemen: Sämtliche Texte wurden aufwendig recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Wir können trotzdem keine Garantie für die Korrektheit, Aktualität oder Vollständigkeit der präsentieren Informationen gewähren. Bitte wenden Sie sich bei Rechts- und Steuerfragen stets an einen fachkundigen Anwalt oder Steuerberater.
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