Disagio: Zinsabschlag für Kreditaufschlag
Bei einem Immobilienkredit werden Sie manchmal über Angebote mit einem Disagio nachdenken. Diese spezielle Form von Darlehen sollten Sie nur dann nutzen, wenn die Rahmenbedingungen zu Ihnen und dem Finanzierungsvorhaben passen. Denn der effektive Zinssatz ist meistens höher als bei einem normalen Immobilienkredit. Allerdings genießen Sie einen Steuervorteil durch das Disagio, sodass die Finanzierung insgesamt vorteilhaft sein kann.
Was bedeutet Disagio bei einem Immobilienkredit?
Der Begriff Disagio beschreibt bei einem Darlehen einen Zinsabschlag. Weitere Begriffe sind Abgeld oder Damnum.
Das Disagio reduziert den ausgezahlten Betrag bei einem Immobilienkredit. Zugleich ist der einbehaltene Betrag eine Zinsvorauszahlung. Die Höhe des Abgelds steht daher in enger Wechselwirkung zum effektiven Jahreszins, zur Zinshöhe und zur finanziellen Belastung durch Kreditraten.
Weniger Kredit für das gleiche Darlehen
Normalerweise nehmen Sie einen Immobilienkredit zu einem festen Zinssatz auf. Sie erhalten die volle Kreditsumme ausgezahlt und zahlen dann über die monatlichen Raten Zinsen und Tilgung an die Bank.
Bei einem Disagio-Immobilienkredit zahlen Sie einen Aufschlag auf die eigentlich benötigte Kreditsumme. Das heißt: Sie erhalten nicht das volle Darlehen ausgezahlt. Die Differenz zwischen Darlehenssumme und Auszahlungssumme ist das Disagio.
Als Beispiel: Sie benötigen eine Finanzierung über 200.000 Euro. Der Immobilienkredit beläuft sich jedoch auf 220.000 Euro. Die 20.000 Euro Differenz sind das Disagio.
Welche Folgen hat das Abgeld?
Im ersten Moment hört sich das nach einem schlechten Geschäft an. Warum sollten Sie einen höheren Kredit aufnehmen, als Sie benötigen? Vor allem: Warum sollten Sie abseits der Zinsen mehr zurückzahlen als Sie bekommen?
Auf dem Papier ist das in der Tat ein Nachteil. Denn Sie müssen die gesamte Summe tilgen und Zinsen darauf zahlen. Aus diesem Grund ist das ein schlechtes Geschäft.
Es gibt jedoch zwei Aspekte, die dem entgegensprechen. Zum einen haben Sie durch den Disagio-Kredit einen Nachteil, für den die Bank möglicherweise einen geringeren Zinssatz anbieten wird. Das kann sich bei höheren Summen lohnen. Zusätzlich gilt das Disagio als Zinsvorauszahlung. Zum anderen profitieren Sie von steuerlichen Vorteilen. Denn Sie können die Zinslast dieses Kredits und damit auch die erhöhte Zinsvorauszahlung der Disagio-Summe als Werbungskosten absetzen.
In der Summe kann sich durch diese Punkte eine Konstellation ergeben, bei der Sie mit einem solchen Immobilienkredit einen finanziellen Vorteil genießen. Um das zu verdeutlichen, ist ein genauerer Blick auf die beiden Aspekte sinnvoll.
Vorteil des Zinssatzes
Wenn Sie sich für ein Disagio-Darlehen entscheiden, sollten Sie die Zinslast genau berechnen. Denn es ergeben sich einige Stellschrauben, die direkt oder indirekt für Sie wichtig sein könnten.
- Sie zahlen einen Aufschlag auf den Kredit. Die Differenz ist zugleich eine Zinsvorauszahlung. Das bedeutet: Das Disagio gilt als Rückzahlung von Zinsen, senkt jedoch den zu verzinsenden Anteil nicht. Dadurch steigt im Vergleich zu einem gleich hohen Annuitätendarlehen der effektive Jahreszins.
- Die Banken honorieren den durch die Vertragskonstruktion sofort getätigte Zinsvorauszahlung mit einem möglicherweise etwas niedrigeren Zinssatz. Durch diesen Zinsvorteil kann der effektive Jahreszins wieder etwas sinken. Sie zahlen niedrigere Raten.
- Da Sie durch die besondere Gestaltung des Kredits auf dem Papier in Vorleistung gehen, kann das positiv auf Ihre Bonität wirken. Die Bank hat bereits eine Sicherheit in Form des Abgelds und kann bei Zahlungsverzug oder neuen Kreditwünschen tendenziell positiver auf die Anfrage antworten.
Lassen Sie sich jedoch nicht von diesen Punkten täuschen. Ein solcher Immobilienkredit ist in der Regel am Ende etwas teurer. Einen Ausgleich kann jedoch der Steuervorteil bieten.
Der Vorteil der Werbungskosten
Sofern Sie das Darlehen für eine vermietete Immobilie nutzen möchten, kann das Damnum den Nachteil bei der Zinslast mehr als ausgleichen. Dabei kommt ein Steuervorteil zum Tragen.Kreditkosten sind Werbungskosten. Sie können diese bei einer vermieteten Immobilie geltend machen und von den Mieteinnahmen abziehen. Das ist im Normalfall nur für die laufenden Raten möglich. Das Disagio wirkt jedoch anders. Denn der Differenzbetrag zwischen ausgezahlter Summe und Kreditsumme ist aus steuerlicher Sicht eine Zinsvorauszahlung. Diese können Sie folglich sofort bei der Auszahlung als Ausgaben nutzen.
An der Stelle wird es interessant. Denn bis zu zehn Prozent der Kreditsumme können die Banken als Abgeld verlangen. Das kann schnell eine fünfstellige Summe ausmachen. Mit diesem Betrag mindern Sie Ihr zu versteuerndes Gesamteinkommen. Je nach erzielter Jahressumme kann das wiederum einen deutlich verbesserten Steuersatz bedeuten. Eine ähnliche Berechnung ist im individuellen Fall bei einem besonders hohen Jahreseinkommen durch Einmalzahlungen wie Abfindungen oder einen Immobilienverkauf möglich.
Finanzielle Vorteile und Nachteile genau berechnen lassen!
Durch das Gegenüberstellen von Zinslast und Steuerermäßigung können Sie einen finanziellen Vorteil haben. Ob das bei Ihnen der Fall ist, sollten Sie mit Ihren konkreten Daten von einer guten Steuerberatung errechnen lassen. Denn es sind viele kleine Details und individuelle Einkommensarten und Abschreibungsmöglichkeiten zu beachten. Das genaue Berechnungsverfahren dieser Kreditform ist sehr komplex und führt schnell zu Fehlern. Daher sollten Sie auf Spezialisten zurückgreifen.
Grundsätzlich gilt: Besonders in Jahren, in denen Sie hohe Einnahmen durch die Immobilie oder einem Immobilienverkauf hatten, kann ein Disagio-Kredit für Sie vorteilhaft sein. Allerdings sollten Sie beim Abwägen von Vorteilen und Nachteilen sehr genau rechnen. Sonst droht ein Minusgeschäft.
Was passiert bei einer Kreditvertragskündigung?
Es gibt einen weiteren Aspekt dieser speziellen Darlehensform, die Sie berücksichtigen sollten. Denn eine vorzeitige Kündigung des Kreditvertrags hat Folgen auf den einbehaltenen Betrag. Dabei sind zwei Optionen zu unterscheiden:
- Kündigt die Bank den Kreditvertrag – zum Beispiel wegen ausbleibender Zahlungen – müssen Sie die volle Kreditsumme zurückzahlen.
- Machen Sie von Ihrem gesetzlichen Kündigungsrecht nach § 249 BGB Gebrauch, muss die Bank den Disagio-Betrag anteilig zurückzahlen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie eine längere Laufzeit vereinbart hatten, aber nach zehn Jahren Zinsbindung die Bank wechseln möchten.
Andere Formen des Disagios
Für Immobilienkäufer kann diese Darlehensart eine interessante Option sein. Wenn Sie größere Einnahmen mit Immobilien erzielen, bietet ein Disagio Vorteile, die den Zinsnachteil ausgleichen.
Der Begriff kommt ebenfalls in anderen Finanzbereichen vor. Bei Wertpapieren beschreibt er einen Abschlag. Ein Disagio von drei Prozent bedeutet, dass eine Aktie oder ein Fonds zu einem Preis von 97 Prozent des aktuellen Kurs- oder Nominalwertes verkauft wird. Das Gegenteil ist Agio. Dabei handelt es sich um einen Aufschlag auf den Wert der angegebenen Prozente.