Immobilienverkauf: Preis lieber erhöhen, nicht verringern
Eine der größten Schwierigkeiten beim Immobilienverkauf ist die Preisfindung. Setzen Sie den Preis zu niedrig an, geht Ihnen Geld verloren. Setzen Sie den Preis zu hoch an, werden Sie die Immobilie nur schwer verkaufen können. Beides ist ein Nachteil.
Wir erklären Ihnen, warum es sinnvoll ist, den Preis erst etwas niedriger anzusetzen und bei großem Zuspruch zu erhöhen. Denn das ist ein erlaubtes und effektives Mittel am Immobilienmarkt.
Voraussetzung: ein belastbarer Verkaufspreis
Sie sollten zunächst einen Marktpreis für die Immobilie ermitteln. Das ist Grundvoraussetzung, um überhaupt einschätzen zu können, ob Ihr Preis hoch oder niedrig angesetzt ist. Möglich ist das über verschiedene Wege wie Wertgutachten, einen eingeschalteten Makler, Vergleichswerte oder die Maklerformel. Auch ohne-makler.net bietet mit OM-Wertermittlung einen Service zur Preisfindung.
Preisstrategie: drei Wege zum Angebotspreis
Haben Sie einen Marktpreis ermittelt, gibt es drei Varianten:
- Sie setzen den Preis höher an. Das klingt nach einem guten Geschäft. Allerdings wird es nur sehr wenige Interessenten anlocken, die dann sehr hart verhandeln werden. Der Preis lässt sich wahrscheinlich nicht halten. Sie laufen zudem Gefahr, dass sich die Dauer bis zum Abschluss deutlich verlängert. Die Immobilie kann sogar als „verbrannt“ wirken, wenn sie lange Zeit inseriert ist. Wir raten von dieser Strategie ab.
- Sie bieten die Immobilie zum Marktpreis an. Das klingt fair. Aber dieser Preis lässt nur wenig Spielraum für beide Seiten. Diese Strategie ist in angespannten Märkten mit erhöhter Nachfrage eine Option. Über kurz oder lang werden Sie einen Käufer finden. Gegenüber der nächsten Alternative dauert es aber wahrscheinlich länger.
- Sie bieten die Immobilie niedriger als zum Marktpreis an. Zehn bis 15 Prozent sind ein möglicher Richtwert. Das klingt zunächst nachteilig. Aber Sie erreichen damit deutlich mehr Interessenten. Denn diese wittern ein gutes Geschäft. Das eröffnet Ihnen Raum, den Preis nach oben zu treiben. Diese Strategie kann daher sehr erfolgreich sein. Gibt es allerdings in der Region ohnehin eine geringe Nachfrage, kann sich dieser Ansatz als Bumerang erweisen.
Von den drei Wegen ist der erste selten eine gute Wahl. Sie schrecken nur Interessenten ab. Der dritte Weg dagegen klingt erst ungewohnt, hat aber einen gewissen Charme. Denn Sie haben hier – und nicht bei den beiden anderen – den größten Verhandlungsspielraum. Dazu müssen Sie jedoch gezielt vorgehen.
Der Weg zur Preiserhöhung während der Verhandlung
Ein niedriger Preis spricht für eine schnelle Kontaktaufnahme von vielen Interessenten. Das nutzen Sie im nächsten Schritt aus. Sie spielen mit psychologischen Effekten rund um eine große Nachfrage nach einem knappen Gut – nach ihrer, nur einmal vorhandenen Immobilie.
Schon bei der Besichtigung lassen Sie durchblicken, dass Sie von der Anzahl von Interessenten überwältigt sind. Sie machen auch deutlich, dass Sie unter diesen Umständen mit dem Preis noch etwas höher gern werden.
Möglicherweise schreckt das den einen oder anderen Kaufinteressenten ab. Aber die meisten werden weiter am Ball bleiben, denn der Ausgangspreis ist äußerst attraktiv. Das lässt Spielraum nach oben. Wenn alles in Ihrem Sinne läuft, werden sich die Interessenten sogar von sich aus beim Preis gegenseitig überbieten. Sie werden in den meisten Fällen nicht nur den eigentlichen Marktpreis erhalten, sondern sogar etwas mehr.
Der Reiz des Bietens
Es greift ein psychologischer Effekt. Das Angebot ist verlockend. Ein Konkurrent tritt auf. Der Interessent ist bereit, höher zu bieten, weil der Preis noch immer gut war. Es setzt eine Spirale ein, bei der das Bieten um „ein paar Tausend Euro“ einfacher ist als das Aussteigen und damit der Verzicht auf das ursprüngliche Schnäppchen. So entsteht bei vorhandenem Interesse eine Dynamik, die von ganz allein den Preis nach oben treibt.
Ihre Aufgabe ist es, den Vorgang angemessen zu moderieren und immer wieder die richtigen Impulse zu setzen. Aber seien Sie wachsam. Ist der Marktpreis erreicht, verlangsamt sich das Bieten. Bei guten Immobilien in guten Lagen werden Sie aber noch etwas mehr herauskitzeln können. In schwierigen Lagen können Sie den Bogen schnell überspannen.
Übrigens können Sie auch bei einem einzigen Interessenten noch bis kurz vor Vertragsabschluss den Preis erhöhen. Das kann ein Weg sein, wenn Sie sicher sind, dass der potenzielle Käufer über genug Finanzierungsreserven verfügt und er unbedingt kaufen will. Ein gewisses Risiko besteht allerdings. Diese Preisverhandlungsstrategie ist ein Wagnis.
Andersherum wäre es ein Nachteil
Der Bieterkampf um die Immobilie würde bei der ersten Varianten – einem hohen Einstiegspreis – übrigens ähnlich laufen, aber zu ihrem Nachteil. In diesem Fall erkennen die Interessenten eine gewisse Not und werden den Preis mit allen Mitteln zu drücken versuchen. Auch deshalb ist dieser Weg nicht zu empfehlen.
Dürfen Sie den Preis überhaupt erhöhen?
Sie kennen vielleicht kaufmännische Gepflogenheiten wie einen Handschlag oder denken, dass ein einmal genannter Preis gilt. Beides ist beim Immobilienkauf aus rechtlicher Sicht nicht zutreffend. Sie dürfen den Preis während der Verhandlungen nach Belieben ändern. Selbstverständlich sollte alles im Rahmen bleiben und nicht willkürlich wirken.
Das Vorgehen ist sogar durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs legitimiert. Im Richterspruch vom 3. Oktober 2017 (Az.: V ZR 11/17) kommt das Gericht zum Entschluss, dass ein Immobilienverkäufer den Preis bis zur notariellen Vertragsunterzeichnung ändern kann. Er verstößt demnach nicht gegen eine Treuepflicht und muss auch nicht für Mehrkosten der anderen Seite aufkommen. Diese können sich beispielsweise durch Änderungen der Finanzierung ergeben.
Fazit: Preiserhöhungen sind erlaubt und effektiv
Kurz: Es ist höchstrichterlich entschieden, dass Sie als Verkäufer den Preis bis zur Unterschrift verhandeln bzw. neu festlegen können. Diese Möglichkeit nutzen Sie, um erst die Interessenten in größerer Zahl anzulocken und sich dann gegenseitig überbieten zu lassen.
Handeln Sie jedoch stets umsichtig. Wenn Sie das Preisrad überdrehen, können alle Interessenten abspringen. Sie benötigen ein gutes Gefühl für Ihr Gegenüber, um diese Strategie zu verfolgen. Aber: Sie ist effektiver als mit einem überhöhten Angebot Interessenten so abzuschrecken, dass Sie die Immobilie erst nicht verkauft bekommen und dann doch noch deutliche Preisabschläge einräumen müssen. Wenn Ihnen das Verhandeln nicht liegt, ist ein Einstieg zum Marktpreis eine Alternative. Aber bedenken Sie, dass auch Käufer gern verhandeln.