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Vorkaufsrecht Dritter: unterschätztes Risiko für Kaufinteressenten

Vor dem Immobilienkauf sollten Kaufinteressierte stets prüfen, ob eine dritte Person ein Vorkaufsrecht an der gewünschten Immobilie hat. Das Thema unterschätzen viele Käufer und auch einige Verkäufer. Denn schlimmstenfalls droht eine Annullierung des Vertrages und damit eine Rückabwicklung des Kaufs. In diesem Artikel erläutern wir Ihnen, was ein Vorverkaufsrecht ist, wer eins solches Recht überhaupt haben kann und wie Kaufinteressenten darauf reagieren sollten.

Was ist ein Vorkaufsrecht?

Es gibt ein vertragliches, also privat geschlossenes, und ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Relevanter zur Einordnung der verschiedenen Rechte sind jedoch die folgenden drei Bezeichnungen.

  • Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht: Es besteht ein Vertrag mit einer Person, dass diese eine Immobilie kaufen kann, wenn es einen anderen Bieter gibt. Dieser Vertrag kann, muss aber nicht im Grundbuch eingetragen sein. Der Verkäufer hat die Pflicht, den Begünstigten nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags und vor der Änderung des Grundbuchs über die Verkaufsabsicht zu informieren. Der Berechtigte kann dann zum vereinbarten Preis selbst kaufen. Es gibt jedoch keinen Automatismus, der den Verkauf stoppt.
  • Das dingliche Vorkaufsrecht: Ist ein solches Recht im Grundbuch (Abteilung II) eingetragen, handelt es sich um ein dringliches Vorkaufsrecht. In diesem Fall hat der Begünstigte die Möglichkeit, die Immobilie bei einer Verkaufsaktivität selbst zu erwerben. Der Verkäufer muss dabei über die Verkaufsabsicht informieren und eine Frist setzen, den Kauf zum bereits mit einem Dritten ausgehandelten Betrag zu übernehmen. Ein Verkauf ohne Einbinden des Vorkaufsberechtigten ist nicht möglich und wird durch den Notar bis zur Klärung gestoppt.
  • Das öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht: Ein weiteres Vorkaufsrecht können Kommunen haben. Wichtig dabei: Diese Variante ist nicht im Grundbuch hinterlegt, kann aber in einigen Regionen dennoch greifen. Die Gemeinden sichern sich so die Option, die Stadtentwicklung in der Hand zu halten oder in gefährdeten Bereichen (Hanglagen/Hochwasser u. ä.) regulierend einzugreifen.

Allen Fällen ist ein Punkt gemein: Sobald der Eigentümer die Immobilie verkaufen möchte und ein Angebot vorliegt bzw. ein Vertrag vor dem Abschluss steht, darf die begünstigte Person oder Institution das Objekt erwerben. Dabei gelten der gleiche Preis und die gleichen übrigen Konditionen.

Es gibt also mehrere Möglichkeiten, wer alles ein solches Recht eingeräumt bekommen haben kann. Dieses Recht können Privatpersonen oder sehr verschieden Institutionen innehaben. Dabei gibt es zugleich verschiedene Dokumentationswege.

Es ist gerade bei gesetzlichen Vorkaufsrechten nicht immer einfach für den Kaufinteressenten (oder auch dem Verkäufer), das Vorliegen eines solchen Anspruchs zu prüfen. Zudem unterscheiden sich die verschiedenen Vorkaufsrechte in Details.

Welche Fristen gelten?

Grundsätzlich räumt das Gesetz (§ 469 BGB, § 28 BauGB) dem Vorkaufsberechtigten eine Frist von zwei Monaten ein (drei Monate für Kommunen), um den eigenen Anspruch wahrzunehmen. Allerdings kann diese Frist durch eine anderslautende Vertragsvereinbarung verändert werden. Ausgenommen davon ist das gesetzliche und öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht.

Grundsätzlich gelten die Fristen ab Unterzeichnung des Kaufvertrags. Der Kauf kann nur dann abgeschlossen werden, wenn der Berechtigte verzichtet oder die Frist verstreichen lässt.

Aber: Der Verkauf ist bei einem vorliegenden einfachen schuldhaften Vorkaufsrecht möglich, wenn dieser nicht über das Grundbuch abgesichert ist. Der Berechtigte wird dabei übergangen und kann Schadensersatz verlangen. Dieser bemisst sich üblicherweise an der Differenz aus Marktwert und tatsächlichem Verkaufspreis.

Die unterschiedlichen Varianten

In vielen Fällen haben Dritte ein Vorkaufsrecht. Gründe können unter anderem privatrechtliche Vereinbarungen sein, Vereinbarungen innerhalb einer Erbengemeinschaft oder das gesetzliche Vorkaufsrecht von Mietern.

Privat vereinbarte Vorkaufsrechte

Jeder Eigentümer hat das Recht, anderen Menschen einen solchen Kaufvorzug an seinem Eigentum einzuräumen. Bei Immobilien sollte ein solches Recht unbedingt im Grundbuch eingetragen und damit rechtssicher dokumentiert werden. Dann steht es in „Abteilung II“ des Grundbuchs als „dingliches Vorkaufsrecht.“

Kaufinteressenten sollten das Grundbuch frühzeitig prüfen. So erleben sie keine bösen Überraschungen. Denn selbst bei einem unterzeichneten Vertrag greifen noch entsprechende rechtliche Mechanismenund die Immobilie kann am Ende dem im Grundbuch genannten Begünstigten gehören.

Vorkaufsrecht von Mietern

Mieter können ebenfalls unter Umständen ein Vorkaufsrecht an einer Immobilie haben. Das gilt laut §577 BGB, wenn eine Immobilie erstmalig von Miete in Eigentum umgewandelt wird. Das Recht gilt jedoch nur, solange es noch keine Grundbuchumschreibung auf einen anderen Käufer gibt. Ausgeschlossen ist dabei der Verkauf an einen Angehörigen des Vermieters.

Die Hürde für Mieter ist folglich recht hoch. Aber: Räumt der bisherige Eigentümer den Mietern das Recht bei Vertragsunterzeichnung nicht ein, können diese ihn auf Schadenersatz verklagen. Das ist ein wichtiger Punkt für Kaufinteressenten. Denn diese sollten genau prüfen, ob es anspruchsberechtigte Mieter gibt, durch die der Erwerb noch platzen könnte.

Auch bei Wohneigentümergemeinschaften möglich

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann eine Veräußerungsbeschränkung beschließen. Soll eine Wohnung innerhalb der WEG-Immobilie danach verkauft werden, hat die Gemeinschaft ein Vorkaufsrecht.

Oft überträgt die WEG die Zustimmung oder Ablehnung eines Wohnungsverkaufs dem jeweiligen Verwalter. Ist dies der Fall, sollte das in der Teilungserklärung dokumentiert sein. Dann muss der Verwalter als Vertreter der Wohneigentümergemeinschaften erst zustimmen, bevor ein Verkaufsvertrag wirksam werden kann.

Es kann auch vorkommen, dass die Wohneigentümergemeinschaft in eigener Regie den Verkauf – etwa per Abstimmung – regelt und sich eben das Vorkaufsrecht von Wohnungen vorbehält.

Wichtig für Kaufinteressenten: Prüfen Sie die WEG-Unterlagen genau. Entsprechende Beschlüsse können den Kauf verzögern oder platzen lassen.

Vorkaufsrechte in Erbengemeinschaften

Haben mehrere Menschen eine Immobilie geerbt, entsteht eine Erbengemeinschaft aus allen Personen, die einen Anteil an der Immobilie halten. Die Besonderheit: Alle erbenden Mitglieder haben ein Vorkaufsrecht gegenüber einem Dritten. Das ist unabhängig davon, wie viele Erben verkaufen möchten. Eine einzelne Person der Gemeinschaft kann immer sein Vorrecht nutzen. Anders ausgedrückt: Alle Mitglieder der Erbengemeinschaft müssen einem Verkauf zustimmen.

Kaufinteressenten stehen dabei vor einer schwierigen Situation. Denn das Grundbuch ist möglicherweise noch nicht aktualisiert, sodass nicht immer nachvollziehbar ist, ob jemand vorkaufsberechtigt ist. Zudem können bei Konflikten in Erbengemeinschaften einzelne Mitglieder – ohne Absprache mit anderen Erben – Lösungen anstreben, die rechtlich nicht abgesichert sind. Kaufinteressenten können so schnell zwischen die Fronten eines Erbstreits geraten.

Besonderheit: das Vorkaufsrecht der Kommunen

Die besondere Bevorzugung von Kommunen ist in den §§ 24 – 28 Baugesetzbuch festgehalten, kann im jeweiligen Bundesland zusätzlich landesweit und in einzelnen Kommunen lokal konkretisiert sein.

Ist ein solches Recht ausgewiesen, handelt es sich in der Regel um einen Geltungsbereich, für den nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen ist. Ebenso gilt das für sogenannte Umlegungsgebiete, bei Stadtumbau-Maßnahmen oder in von Überschwemmung bedrohten Gebieten. Außerdem kann es Flächennutzungspläne betreffen, die eine Wohnbebauung vorsehen. Voraussetzung: Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt dieses öffentlich-rechtliche Vorkaufsrecht.

Zusätzlich können Gemeinden ein besonderes Vorkaufsrecht nach Satzung haben. Ausgeschlossen ist das jedoch, wenn das Grundstück beispielsweise von Polizei, Zoll, Zivilschutz oder Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts für Gottesdienst- oder Seelsorge-Zwecke gekauft wird. Ebenfalls ausgeschlossen ist diese Variante dann, wenn ehemalige Eigentümer ihr Grundstück an oder Personen verkauft, die mit ihm nah verwandt sind.

Wichtig: Trotz dieser umfassenden Rechten müssen die Gemeinden bei Grundstückskäufen die marktüblichen Preise zahlen. Der Verkäufer wird nicht finanziell benachteiligt.

Negativzeugnis anfordern!

Verkäufer sollten vor einem Verkauf unbedingt ein sogenanntes Negativzeugnis (Negativbescheinigung/Negativattest) anfordern. Damit bestätigt die Gemeinde schriftlich, dass sei von einem Kauf absieht. Ohne Negativzeugnis kann der Verkauf kurzfristig noch platzen. Der Notar überwacht den Vorgang.

Gut zu wissen: Die Kommune muss mögliche finanzielle Nachteile ausgleichen, wenn die Kaufabwicklung bereits fortgeschritten war und das Vorkaufsrecht erst spät wahrgenommen wird.

Fazit: Der Vertrag kann noch nach Unterschrift platzen

Ein vorhandenes Vorkaufsrecht kann beim Kauf und Verkauf einer Immobilie weitreichende Folgen haben. In vielen Fällen ist zwar eine Grundbuchänderung ohne Berücksichtigung des Berechtigten nicht möglich, aber auch dann kann der Verkauf noch nach Vertragsunterzeichnung platzen. Selbst bei Wissen um die Situation geht der Kaufinteressent das Risiko ein, dass die Vorarbeit letztlich vergebens war.

Ein vom Verkäufer verschwiegenes Vorkaufsrecht, insbesondere bei einer privatrechtlichen Vereinbarung ohne Grundbuchabsicherung, ist ein Rechtsmangel. Das kann sogar dazu führen, dass der Kaufinteressent einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Verkäufer hat. Alle Beteiligten sollten sich daher genau informieren, ob der Verkauf von Haus oder Wohnung wie geplant abgewickelt werden kann oder eine Dritte Person eingebunden werden muss.