Vorsicht beim Immobilienverkauf: “verschwiegene Mängel“ sind nicht ohne!
Der offene Mangel
Da geht es um Dinge, die für den Käufer schon vor Unterzeichnung des Kaufvertrags gut zu erkennen sind– zum Beispiel Schimmel im Keller, feuchte Wände im Schuppen. Oder Risse in der Fassade. Im Idealfall sind solche Mängel derart offensichtlich, dass es gar nicht erst zu dem Versuch kommen kann, sie zu verschweigen. Dann werden Käufer und Verkäufer über einen Preisnachlass aufgrund dieser Mängel verhandeln müssen. Ist der Kaufvertrag bereits unterschrieben, kann der Käufer Mängelrechte geltend machen.
Der versteckte Mangel
Hier wird es komplizierter, denn da handelt es sich um Mängel, die weder für den Käufer noch den Verkäufer erkennbar sind – zum Beispiel ein undichter Bereich im Hausdach, durch den über Jahre hinweg unbemerkt Wasser in Innenräume eingesickert ist. Versteckte Mängel können sich allerdings auch erst im Lauf der Zeit einstellen – dann ist die wichtigste Voraussetzung, um sie überhaupt als Mangel definieren zu können: Man hätte es wissen können! Zum Beispiel, wenn ein chemieverarbeitender Betrieb, eine Tankstelle oder andere potenzielle „Umweltsünder“ als Vorbesitzer im Freien auf unversiegelten Flächen gearbeitet haben. Der Fachbegriff dafür lautet: „Altlastenverdacht“. Da ist dann die Frage: Konnte der Verkäufer es wissen? Hat er es gewusst? Im Zweifelsfall müsste der Käufer dem Verkäufer genau das nachweisen.Der arglistig verschwiegene Mangel
In unserem Beispiel können wir hier gut an den „offenen Mangel“ anknüpfen: Hat der Verkäufer beim Besichtigungstermin „zufällig“ den Schlüssel zum Keller mit Schimmelbefall oder dem Schuppen mit den feuchten Wänden „verlegt“, oder kommt der Kaufvertrag nur aufgrund eines schriftlichen Exposés zustande, in dem diese Mängel NICHT genannt werden, kann der Käufer ganz klar Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend machen, denn dann handelt es sich um einen arglistig verschwiegenen Mangel.
Auch Rechtsmängel sind Mängel!
Oben war von „Sachmängeln“ die Rede, doch auch Rechtsmängel können gravierende Folgen haben. Sie sind vom Käufer in aller Regel leichter geltend zu machen als die – oft umstrittenen – Sachmängel. Zu den Rechtsmängeln, mit denen sich deutsche Gerichte nach einem Immobilienverkauf immer wieder beschäftigen müssen, gehören:
- Eine fehlende Baugenehmigung für die verkaufte Immobilie.
- Im Grundbuch eingetragene Belastungen, beispielsweise Wegerechte, Dienstbarkeiten, Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, die der Käufer gemäß Kaufvertrag nicht übernehmen soll. Werden diese Belastungen aber nicht sofort nach Unterzeichnung des Kaufvertrags auch im Grundbucheintrag gelöscht, liegt ein klarer Rechtsmangel vor.
- Um Rechtsmängel handelt es sich auch, wenn bestehende Miet- und Pachtverhältnisse oder Beschränkungen nach dem Wohnraumförderungsgesetz– etwa bei Sozialwohnungen – verschwiegen werden.
Auch keine gute Idee: Auf Gewährleistungsausschluss hoffen
Bestandsimmobilien werden gern mit dem Zusatz „gekauft wie besichtigt“ verkauft, um Gewährleistungsansprüche von vornherein auszuschließen. So ein Zusatz im Kaufvertrag gilt aber genau dann nicht, wenn dem Verkäufer ein Mangel vor dem Verkauf bekannt war und er ihn arglistig verschwiegen hat. Da helfen auch die Besonderheiten nicht, die ansonsten im Bezug auf Bestandsimmobilien gelten.
Mangel festgestellt – und jetzt?
Wenn dem Käufer Mängelansprüche wegen eines Sach- oder Rechtsmangels zustehen, sollte er vom Verkäufer erst einmal die „Nacherfüllung“, sprich: die Beseitigung der Mängel fordern. Dafür muss er dem Verkäufer eine angemessene Frist setzen. Erst wenn die Frist verstrichen ist, ohne dass der Verkäufer etwas unternommen hat – oder weil der Versuch zur Mängelbehebung erfolglos blieb -, kann der Käufer weitere Rechte geltend machen. Die sind beispielsweise:
- Minderung des Kaufpreises
- Einforderung eines Schadensersatzes (zum Beispiel Rückzahlung von Aufwendungen, Gutachterkosten, Miete für Ersatzwohnraum oder Erstattung der Bereitstellungszinsen der Bank)
- Rücktritt vom Kaufvertrag (darf auch parallel zur Zahlung von Schadenersatz gefordert werden.) Grundsätzlich sollte immer zuerst eine außergerichtliche Geltendmachung der Mängel und dann – ebenfalls außergerichtlich – eine Einigung beider Parteien angestrebt werden. Gelingt das nicht, kann es schwierig und langwierig werden, denn die gerichtliche Geltendmachung ist „wegen der vom Käufer herzustellenden Beweiskette regelmäßig aufwändig“, wie der Anwalt einer auf Immobilienrecht spezialisierten Kanzlei in Essen zutreffend sagt [https://www.immobilienrecht-essen.de]. Weiter sagt er: „In einem Rechtsstreit wegen Sachmängeln prüft das Gericht zunächst in der Regel durch Zeugenvernehmung, ob der Verkäufer den Käufer arglistig getäuscht hat. In einem zweiten Schritt holt das Gericht dann ein oder mehrere Sachverständigengutachten ein, um zu klären, welche Mängel die Immobilie aufweist, welche Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel erforderlich sind und welche Kosten hierdurch entstehen. Ein solcher Rechtsstreit dauert bis zu mehreren Jahren. Eine sorgfältige Vorbereitung ist zwingend erforderlich.“
Fristen
Die Rechte des Käufers wegen Sachmängeln an Immobilien verjähren nach fünf Jahren ab Übergabe, wenn sie nicht vorher gerichtlich geltend gemacht worden sind. Rechte wegen Sachmängeln an Grundstücken verjähren schon nach zwei Jahren. Diese Verjährungsfristen sind unabhängig davon, ob ein Mangel versteckt ist oder nicht. Bei arglistig verschwiegenen Mängeln beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Fristbeginn ist dann das Ende jenes Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, bzw. der Käufer davon erfahren hat.Wie kann ich als Immobilienverkäufer das Schlimmste vermeiden?
Der wichtigste Rat ist Offenheit – also möglichst lückenlose Aufklärung des Kaufinteressenten schon vor Unterzeichnung des Kaufvertrags. Dazu gehören offensichtliche wie bekannte Mängel – neben den schon beschriebenen Sach- und Rechtsmängeln auch Dinge wie Überflutungsgefahr, ständige Rechtsstreitigkeiten mit Nachbarn, Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen und deren mögliche Folgen.
Der zweitwichtigste Rat ist: Dokumentieren Sie, dass, wie und worüber Sie Käufer informiert haben! Denn es gilt immer: Ist dem Käufer ein Mangel bekannt, entfallen seine Gewährleistungsrechte. Kommt es zum Streit, muss der Verkäufer vor Gericht die Kenntnis des Käufers beweisen können. Ein anderer Weg wäre, die Mängel, die dem Käufer bekannt sind, in der notariellen Kaufvertragsurkunde ausdrücklich zu erwähnen.