Immobilienkauf: die Bedeutung der Mikrolage
Auf der Suche nach einer Immobilie sollten Sie sich mit der sogenannten Mikrolage beschäftigen. Denn diese nähere Umgebung des Standortes kann wichtigen Aufschluss über die Frage geben, ob ein Kauf Risiken oder Chancen bedeutet. Je besser Sie die Mikrolage eines Hauses oder einer Wohnung einschätzten, desto eher finden Sie zudem einen angemessenen Preis. Wir erklären Ihnen, worin der Unterschied zur Makrolage besteht, welchen Einfluss der genaue Standort hat und mit welchen Kriterien Sie die Einschätzung vornehmen sollten.
Was ist die Mikrolage beim Immobilienkauf?
Die Makrolage beschreibt die übergeordnete Region des Standorts sowie die damit verbundenen Strukturdaten. Die Mikrolage dagegen befasst sich mit der unmittelbaren Nachbarschaft des Standortes.
Konkret beinhaltet das die umliegenden Gebäude, Straßenzüge und das gesamte Stadtviertel, teilweise auch der gesamte Ort. Damit eng verbunden sind Aspekte wie nahe Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, die Sozialstruktur und Einwohnerstruktur im Viertel sowie die Altersverteilung. Ebenso gehören die Verkehrsanbindung, Umwelteinflüsse wie Lärm und Geruch sowie die nahe Infrastruktur zur Mikrolage. Selbst eine benachbart stehende Bauruine gehört zur Mikrolage einer Immobilie.
A-Lage, B-Lage, C-Lage und der Immobilienwert
Als Ergebnis gibt es häufig Kennzeichnungen wie A-Lage, B-Lage oder C-Lage. Die Definitionen gehen fließend ineinander über. Ursprünglich bezeichnen A-Lagen unabhängig von der Mikrolage Großstädte und Boom-Regionen. Etwas genauer ist es daher, auch den konkreten Standort in einer Region zu bewerten.
Allgemein ist in diesem Sinne eine A-Lage eine Lage im Stadtzentrum oder in erstklassigen Wohngegenden mit vielen fußläufig erreichbaren Angeboten, sehr guter Verkehrsanbindung und dennoch etwas Ruhe oder Grünflächen. Eine B-Lage beschreibt das daran anschließende umliegende Gebiet. C-Lagen und D-Lagen sind dagegen eher durchschnittliche oder schlechte Wohngegenden mit wenigen Angeboten oder sozialen Brennpunkten.
Es ist Fingerspitzengefühl bei der Einordnung erforderlich. Viel wichtiger als eine Klassifizierung nach Buchstaben ist eine Bewertung der Kriterien für eine gute Mikrolage.
Welchen Einfluss hat die Mikrolage auf eine Immobilie?
Bei der Bewertung des Preises spielen viele Faktoren eine Rolle. Die Mikrolage beeinflusst den Wert einer Immobilie direkt. Denn eine schlechte Umgebung drückt den Preis massiv, eine sehr gute kann zu einem spürbaren Preisanstieg führen. Der Grund: Die Umgebung beeinflusst einerseits das Wechselspiel aus Angebot und Nachfrage. Andererseits wirkt sie unmittelbar auf die Wohnqualität und damit auf Mieten und den Verkaufspreis.
Was sich Mieter wünschen oder was sie beachten
Viele Menschen bleiben bei einem Wohnortwechsel in ihrer Region. Daher hat die Makrolage einen geringeren Einfluss auf Mietinteressenten. Sie ist jedoch wichtig, um die potenzielle Nachfrage durch Mieter und Käufer abschätzen zu können. Die Mikrolage hingegen ist aus Sicht der Mietinteressenten deutlich wichtiger. Die Menschen interessieren sich bei der Wohnungssuche für die umliegende Gegend. Sie möchten wissen, ob
- es ist eine ruhige Wohngegend ist.
- viele Grünflächen in unmittelbarer Umgebung existieren.
- wichtige Linien des öffentlichen Nahverkehrsnetzes in Reichweite von zwei, drei Straßen vorhanden sind.
- ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden sind.
- gastronomische Angebote schnell erreichbar, aber weit genug weg sind (Lärmbelästigung).
- Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten fußläufig erreichbar sind.
- in der Nachbarschaft soziale Brennpunkte bestehen.
- negative Umwelteinflüsse (Staub, Geruch, Abgase) zu befürchten sind.
Diese Kriterien sollten Sie ebenfalls im Blick haben. Häufen sich negative Faktoren, sinkt das Interesse von Mietern. Niemand möchte gern direkt neben einer Disco oder einem Biergarten wohnen, ein Industriebetrieb auf der anderen Straßenseite senkt ebenso das Interesse wie eine nahe Kläranlage oder eine laute Verkehrskreuzung.
Jede Einflussgröße kann zwei Seiten haben
Die Schwierigkeit für die Bewertung zeigt das Beispiel Kinderspielplatz. Zwar ist es für Familien mit kleinen Kindern ideal, ein Angebot in unmittelbarer Nähe nutzen zu können. Das bietet den Kleinsten eine tolle Freizeitmöglichkeit. Befindet er sich jedoch direkt vor der Haustür, entsteht tagsüber Lärm, den einige Mieter nicht wünschen. Kommt noch ein Bolzplatz dazu, bedeutet das für angrenzende Wohnimmobilien einen negativen Effekt auf die Mikrolage.
Dieses Beispiel zeigt: Es gilt bei allen Details abzuwägen. Häufig ist ein Standort dann besonders günstig, wenn viele Angebote vorhanden, aber zwei Ecken weiter entfernt sind.
Großes Interesse spricht für eine bessere Lage
Fest steht: Eine gute Lage kann das Interesse von Mietern deutlich steigern. Dieses gesteigerte Interesse ist für Eigentümer positiv. Sie können Wohnungen einfach und schnell vermieten, Mietsteigerungspotenziale nutzen und sich mittelfristig über einen Erhalt oder eine Steigerung des Immobilienwertes freuen. Die entscheidende Frage lautet: Wie können Sie die Mikrolage möglichst genau einschätzen?
Mikrolage bewerten – eine kleinteilige „Ermittlungsarbeit“
Es ist gar nicht so einfach, die Mikrolage genau zu bestimmen. Schon bei der Bewertung der übergeordneten Strukturdaten müssen Sie auf verschiedene Quellen zugreifen. Bei der Beurteilung der Mikrolage wird es noch etwas detaillierter. Denn hier kann schon ein am Objekt angrenzender Gewerbebetrieb die Wohnqualität und den Preis beeinflussen. Einige Quellen, die eine Bewertung der Mikrolage erleichtern, finden Sie in der folgenden Liste.
Google Maps oder Bing Maps: Über die Kartenfunktion der Suchmaschinen können Sie per Satellitenansicht sehr tief in die Straßenzüge hineinzoomen. Das erlaubt eine Inspektion der näheren Umgebung aus Vogelperspektive. Einige Straßenzüge sind möglicherweise auch über Google Street View zu sehen. Auch wenn diese Daten nicht immer aktuell sein werden: Achten Sie auf die genaue Umgebung. Prüfen Sie, ob Gastronomie, Einrichtungen des täglichen Bedarfs, Grünflächen, ÖPNV-Anbindungen, große Straßen, Baulücken, Bauruinen, Sehenswürdigkeiten usw. vorhanden sind. Achten Sie auch auf das, was auf den Straßen und Grundstücken zu sehen ist. Viele Kleinwagen sprechen zum Beispiel für ein finanzschwaches Viertel, viele große Limousinen deuten auf ein betuchtes Umfeld hin. Solche Details können für die Beurteilung der Lage sehr wichtig sein.
Sozialdaten: Für einige Kommunen können Sie über Angebote wie den KECK-Atlas sehr kleingliedrige Aufschlüsselungen über Sozialdaten erhalten. Diese Datenquellen unterstützen Sie bei der Einschätzung der sozialen Struktur eines Stadtteils. Einige Kommunen bieten eigene Kombinationen aus Karten und Daten an. Für diese Art von Informationen gibt es eine Fülle von Quellen, die sich jedoch je nach Kommune unterscheiden können.
- Daten der Kommunen: Viele Kommunen bieten Interessierten Informationen über die Wirtschaft und Infrastruktur der Region und der Stadtteile bzw. Orte. Sofern Sie solche Datenquellen finden, können Sie darüber für den Standort einer interessanten Immobilie Rückschlüsse auf die Mikrolage ziehen.
- Kommunaler Mietspiegel: Die Kommunen veröffentlichen Informationen zur Miethöhe in den Orten mit etwas zeitlicher Verzögerung. Dennoch kann der kommunale Mietspiegel sehr hilfreich sein. Denn viele Ausgaben zeigen detaillierte Unterschiede zwischen Stadtteilen und Orten, sodass Sie die Miethöhe mit der von umliegenden Stadtteilen und Orten vergleichen können. So bekommen Sie ein Gefühl, ob ein Standort eher teuer oder günstig ist.
- Hochwassergefahr: In einigen Regionen sollten Sie prüfen, ob eine potenzielle Gefährdung durch Hochwasser gegeben ist. Denn dadurch können sich schneller Schäden am Gebäude oder größere Versicherungssummen ergeben. Speziell an Flüssen sowie an der Nordseeküste kann das ein wichtiger Faktor für das Bewerten der Mikrolage sein. Eine interaktive Karte bietet unter anderem das Bundesamt für Gewässerkunde.
- Ergebnisse aus Wahlkreisen: Werfen Sie einen Blick in die Ergebnisse der letzten Kommunalwahlen. Die Wahlkreise sind meistens relativ klein, sodass Sie für den jeweiligen Standort eine Tendenz zur Parteipräferenz finden können. Grob: Je mehr Stimmen an Linke und Bündnis 90/Die Grünen gehen, desto eher ist es ein alternativer, weltoffener Stadtteil mit Szeneleben. Überwiegen konservative Stimmen, spricht das tendenziell für einen gefestigten bürgerlichen Anteil mit höherem Einkommen. Diese Indizien sind mit Vorsicht zu genießen und treffen nicht immer in Absolutheit zu, aber können für die Beurteilung der Mikrolage und des Mietklientels einen Trend aufzeigen.
Bei der genauen Beurteilung der standortnahen Lage ist etwas Detektivarbeit erforderlich. Je besser Sie die Gegend selbst kennen, umso einfacher ist es für Sie. Spätestens bei der Besichtigung sollten Sie aus diesem Grund auch persönlich einige der Einflussfaktoren begutachten und sich selbst ein Bild machen. Denn die Mikrolage ist ein ganz wichtiger Punkt bei der Bewertung der Lage und damit des Wertes und der Zukunftsperspektive einer Immobilie.