Wegerecht und andere Grunddienstbarkeiten
Das Wegerecht gehört zu den Grunddienstbarkeiten, die im Grundbuch in der Abteilung zwei unter „Lasten und Beschränkungen“ aufgeführt sind. Es geht um das Recht, einen Weg über ein fremdes Grundstück zum Zweck des Durchgangs zu benutzen. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil mit dem Wegerecht ein Grundstückseigentümer das Grundstück eines anderen Grundstückseigentümers betreten darf, um zu seinem eigenen Grundstück zu gelangen. Gilt natürlich sowohl für bebaute wie für unbebaute Grundstücke. Die Notwendigkeit der gemeinsamen Nutzung kann auch Gas-, Telefon- oder Abwasserleitungen und andere unterirdisch verlegte Kabel betreffen. Solche „Leitungsrechte“ sind ebenfalls Grunddienstbarkeiten – und sie entstehen überall dort, wo Menschen sich Straßen, Leitungen und anderes teilen (müssen). Weil damit aber auch die Rechte einzelner Grundstücke eingeschränkt werden müssen, sind sie bei einem Eigentümerwechsel nicht unwichtig: Manche Neubauvorhaben werden an den Grunddienstbarkeiten scheitern – denn auch da gelten ja unter anderem die notwendigen Abstandsregelungen. Darum zählt es als Rechtsmangel, wenn die Grunddienstbarkeiten bei einem Eigentümerwechsel nicht erwähnt, besser gleich im Kaufvertrag festgehalten werden.
Warum das Wegerecht so wichtig ist
Erst einmal geht es die Erschließung: Nach den Vorschriften des Baurechts ist es zur Erlangung einer Baugenehmigung immer erforderlich, dass die Erschließung gesichert ist. Dafür muss das Baugrundstück zu Fuß wie mit Fahrzeugen erreichbar sein und außerdem eine Anbindung an die Strom- und Wasserversorgung haben. Ohne Baugenehmigung geht gar nichts – das ist der erste Punkt, warum das Wegerechts so wichtig ist. Und Baugenehmigungen sind selbst bei Umbauten notwendig!
Dann kommt der Punkt der gegenseitigen Abhängigkeit, die manche Grundstücke untereinander haben: Das eine Grundstück liegt an einer Straße, oder wenigstens einem Zufahrtsweg – das andere (noch) nicht. Vielleicht ist so ein Zufahrtsweg für später geplant, vielleicht auch nicht. In jedem Fall braucht derjenige, der das „hintere“ Grundstück erreichen will, die Genehmigung des Besitzers des davor liegenden Grundstücks. Eine solche Genehmigung sollte dauerhaft und zuverlässig sein und NUR für die Anwohner des benachbarten Grundstücks gelten – genau das ist es, was im Wegerecht festgelegt wird. Ob der Weg dann nur zu Fuß oder auch mit Autos benutzt werden darf, darüber sagt das Wegerecht per se erst einmal gar nichts aus – das wird aber oft in einer individuellen Erklärung geregelt, die Bestandteil der vom Notar ins Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit sein kann.
Noch ein Hinweis: Soll die Nutzung auch öffentlich geschehen, muss sie als Baulast im „Baulastenverzeichnis“ eingetragen werden.
Dienende und herrschende Grundstücke
Damit die gemeinsame Nutzung gut funktioniert, wird in aller Regel genau festgelegt, welches Grundstück das „herrschende“ und welches das „dienende“ ist. Das dienende Grundstück ist das, was überquert wird.
Meist gehen mit dem Besitz eines „herrschenden Grundstücks“ auch Pflichten einher, vor allem die laufende Instandhaltung, etwa bei Schnee und Eis. Wer übernimmt das? Üblicherweise der, dem das „herrschende Grundstück“ gehört. Die laufenden Arbeiten können natürlich auch aufgeteilt werden. In jedem Fall sollte zwischen den beiden Grundstücksbesitzern Einigkeit herrschen.
Eintrag ins Grundbuch – ja oder nein?
Ist eine Grunddienstbarkeit erst einmal im Grundbuch vermerkt, bleibt sie auch bestehen, wenn das Grundstück verkauft wird. Darum ist es so wichtig, bei einem Eigentümerwechsel den möglicherweise neuen Besitzer darauf aufmerksam zu machen.
Einmal im Grundbuch eingetragen, gilt immer: Die Grunddienstbarkeit muss als „Last“ im Kaufvertrag vermerkt werden. Wo das nicht geschieht, gilt es als Rechtsmangel – für den der Verkäufer belangt werden kann. Notare prüfen so etwas nicht automatisch nach – also: besser selbst ein Auge darauf haben!
Es gibt noch eine andere Variante, um Grunddienstbarkeiten verlässlich zu regeln – allerdings, ohne sie gleich schon für alle Zeit verbindlich ins Grundbuch einzutragen. Das ist die schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Besitzern von benachbarten oder aneinander grenzenden Grundstücken. Diese Vereinbarung gilt nur für die unterzeichnenden Personen und erlischt bei einem Eigentümerwechsel. So eine Vereinbarung kann sogar mündlich geschlossen werden und ist trotzdem rechtskräftig. Diese Verfahren ist zwar flexibler, hat aber den Nachteil, dass sich bei Besitzerwechseln auch das Wegerecht ständig ändern kann – und unter Umständen eins der beiden Grundstücke schwer bis gar nicht mehr erreichbar ist.
Übrigens: Das Gewohnheitsrecht greift hier nicht! Selbst, wenn der eine Grundstücksbesitzer schon seit Jahrzehnten das Grundstück eines anderen Besitzers durchquert, und der das ebenso lang geduldet hat: Rechtssicherheit entsteht daraus nicht. Und das gilt genauso für die Gas- oder eine andere Leitung, die jahrelang unter einem Grundstück geduldet wurde.
Grundstücksbebauung mit Grunddienstbarkeiten
Wenn ein Grundstück mit Wegerecht bebaut werden soll, muss die Grunddienstbarkeit – und das Verhältnis der Grundstücke untereinander - bei der Planung natürlich berücksichtigt werden: Die Ansprüche der Eigentümer von Nachbargrundstücken dürfen keinesfalls beeinträchtigt werden. Doch es gibt auch so etwas wie eine Notfallregelung: Kann der Eigentümer des weiter hinten liegenden Grundstücks sein eigenes nur über ein anderes Grundstück erreichen, darf der Eigentümer des an der Straße gelegenen Grundstücks ihm das Wegerecht nicht verweigern. Er hat dann jedoch unter Umständen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung – kommt darauf an, wie stark sein eigenes Grundstück dadurch beeinträchtigt wird. Wie hoch diese Entschädigung sein soll, wird im Einzelfall wohl am besten ein Sachverständiger ermitteln können.
Bei unterirdischen Leitungen bleibt bei Neu- und Umbauten oft nichts anderes als ein Umlegen der Leitung übrig. Wer die Kosten dafür übernehmen muss, hängt davon ab, ob das Leitungsrecht vom vorherigen Eigentümer freiwillig eingeräumt wurde oder nicht. War es freiwillig, muss der neue Eigentümer die Kosten tragen. Wurde der Vorbesitzer vom Nachbarn entschädigt, liegt meist ein sogenanntes Notleitungsrecht vor. Dann konnte das Grundstück oft nicht anders erschlossen werden. Und in diesem Fall muss bei einer notwendigen Leitungverlegung der Nachbar für die Kosten aufkommen.